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Recruiting 4.0

Industrie 4.0 ist in aller Munde. So erstaunt es wenig, dass auch im Bereich von HR von Phase 4.0 gesprochen wird, nämlich vom Recruiting 4.0. Wer bei dem Begriff zu allererst an Digitalisierung (Robot-Recruiting) denkt, liegt falsch. Recruiting 4.0 heißt vielmehr den potenziellen neuen Mitarbeiter sehr viel stärker in den Fokus zu nehmen. Der heutige Bewerber ist anspruchsvoll. Er erwartet eine Kommunikation auf Augenhöhe, und auf von ihm typischerweise besuchten Kanälen. Wer diese Bedürfnisse am besten erfüllt, hat gute Chancen in einem engen Arbeitsmarkt die besten Talente zu gewinnen.

Was zu tun ist

Digitalisierung, Fachkräftemangel und demografischer Wandel sind seit Jahren die vorherrschenden Schlagworte. Um die unternehmerische Zukunft zu sichern, müssen Personaler und Recruiter den Leitgedanken „HR is people business“ in den Fokus stellen. Dabei ist es vorteilhaft, alle Mitarbeiter als authentische Empfehler/ Botschafter ihres Arbeitgebers in das Recruiting einzubeziehen.

  • Employer Branding

Insbesondere dem Mittelstand im B2B-Bereich fällt es schwer Personal anzulocken. Warum? Ein Jobsuchender kann sehr selten etwas mit deren Produktmarke anfangen. Ganz anders als bei Audi, Microsoft, Lufthansa oder DM. So kann die Produktmarke auch nicht auf die Arbeitgebermarke einzahlen. Die Investition in die Arbeitgebermarke wird zum Muss. Zumal Sie nicht nicht kommunizieren können. Denn jeder Ihrer Mitarbeiter tut es (im Familien- und Freundeskreis, im Verein,…). Weiterhin leuchten Arbeitnehmer und Bewerber auf Bewertungsplattformen (kununu oder glassdoor) Ihr Unternehmen aus. Versuchen Sie daher die Kommunikation zu „steuern“. Die eigene Homepage ist prädestiniert dafür, erste und konkrete Informationen zur Arbeitgebermarke zu kommunizieren. Vergessen Sie nicht, die Bewertungen auf Plattformen zu kommentieren. Damit signalisieren Sie die Wertschätzung des Verfassers.

  • Stellenanzeigen

Stellenanzeigen sind i.d.R. der erste Kontaktpunkt eines potenziellen Bewerbers zum neuen Arbeitgeber. Allgemeine Jobbörsen wie monster und stepstone sind mit Abstand die am häufigsten genutzten Informationsquellen. Bringen Sie zum Ausdruck warum sich eine Bewerbung lohnt und was Sie zu einem passenden Arbeitgeber macht. Lassen Sie auch hier Ihre Mitarbeiter für Sie sprechen.

  • Zielgruppen bzw. Candidate Persona

Erfolgreiche Produkte sind perfekt für ihre jeweilige Zielgruppe positioniert. Sie erfüllen die Bedürfnisse der Zielgruppe optimal und entwickeln so einen hohen Nachfragesog. iPhone, Rolex, Dr. Best, you name it. Gleiches gilt für die Gewinnung von Talenten. Das Recruiting muss hinterfragen, was die potentiellen Mitarbeiter bewegt, wie sie sich verhalten und wie sie angesprochen werden wollen. Erst dann werden die passenden Kandidaten auf ein Unternehmen wirklich aufmerksam und aktiv.

  • Recruiting-Prozesse

In Zeiten des World Wide Webs, von Amazon, Netflix und Google ist kein Nutzer/Konsument gewillt lange zu warten. Viele Bewerbungsprozesse sind noch zu langsam, intransparent und mit einer Einstiegshürde (Registrierung) versehen. Geschwindigkeit, Transparenz und Verbindlichkeit sind heute jedoch ein nicht zu unterschätzendes Entscheidungskriterium für Bewerber.

  • Kanäle

Wer ein Date sucht, egal ob aktiv oder passiv, begibt sich auf die erfolgversprechendsten Märkte. Dies sind nicht immer die etablierten Kanäle wie Printmedien, Stellenbörsen und Homepage. Der Trend des Active Sourcing via Social Media (Xing, Facebook, Instagram,…) verstärkt sich zunehmend. Aber auch Angebote auf Kaffeebechern, Brötchentüten oder Straßenplakaten sind eine Überlegung wert. Oder setzen Sie Ihre Außendienstmitarbeiter und sonstigen Repräsentanten – wie LKW-Fahrer – ein. Sie können authentische Einblicke gewähren.

  • Mindset

Recruiting 4.0 benötigt auch einen Recruiter 4.0. Wer heute Kandidaten erfolgreich erreichen will, braucht ein vertriebsorientiertes Mindset. Recruting heißt verkaufen/vermarkten. Sie brauchen echte Hunter. Post & Pray ist tot. Auch das Modell KKK (Konferenzzimmer, Kaffee, Kreuzverhör) sollte baldmöglichst beerdigt werden.

Jeden Tag wird die Welt neu verteilt. Das ist Ihre Chance und Ihr Risiko.

Wer nicht automatisch neue Mitarbeiter gewinnt, ist schlicht und einfach als Arbeitgebermarke falsch positioniert.

Unternehmen können ihren Personalbedarf nicht decken

So z.B. die Datenlage vom VDE zum Ingenieursarbeitsmarkt in Deutschland. Laut Thomas Hegger wird mit einem Personalbedarf von deutlich über 100.000 Elektroingenieuren bis 2030 gerechnet. 9.000 Absolventen pro Jahr stehen dem gegenüber, bei rückläufigen Studienanfängerzahlen. (Quelle: Ausgabe 23/2018 Markt & Technik).

Ein flächendeckendes Problem?

Eher nein. So Experten. Die Probleme sind vielfach hausgemacht. Warum? Da die Mehrheit der Unternehmen weiterhin Recruiting-Methoden des letzten Jahrtausends anwendet. Wo werden Bewerber wie Kunden behandelt? Wo werden Gespräche auf Augenhöhe geführt? Welche Stellenanzeigen lesen sich wie ein vielversprechendes, lustweckendes Angebot anstatt wie ein Forderungskatalog an Untertanen? Wer sucht ein neues Gewässer zum Fischen auf? Wer hält sich an einen strukturierten, einfachen und kurzen Einstellungsprozess?

Die Generation Y hat hohe Erwartungen an Arbeitgeber

Die Generation Y (geboren im Zeitraum 1980 – 2000) denkt ganz anders als die einstellenden Personalleiter aus der Generation X oder der Babyboomers. Sie denkt viel ganzheitlicher und auch menschlicher über ihr (Arbeits-)Leben als vorhergehende Generationen.

JUNGE FACHKRÄFTE …

  • erwarten, dass sich Unternehmen ihren Wertevorstellungen anpassen.
  • denken, dass ethisches Verhalten wichtiger als Geld ist.
  • finden auf kurzfristige Rendite getrimmte Konzerne unattraktiv.
  • wollen Kinder gleich zu Karrierebeginn.
  • sagen Nein zu ständiger Verfügbarkeit und fremdbestimmter Arbeit.

Quelle: Embrace Studie – Karriere triff Sinn

Auch wenn viele Personalentscheider das nicht wahr haben wollen. Die junge Generation hat Macht. Und bekanntlich wackelt der Schwanz nicht mit dem Hund.

Umparken im Kopf

Wenn ein Unternehmen zu wenig Fach-/Führungskräfte findet, muss es sichtbarer und anziehender werden. D.h. nur eine Candidate Personas zu erschaffen, deren Wunsch-Profil an der Realität vorbei geht, ist falsch. Es gilt sich auch Gedanken über die „Employer Personas“ zu machen. Welche der obigen Bedürfnisse der Generation Y können wir wie erfüllen? Mit Faktoren wie Arbeitsatmosphäre, Arbeitszeitmodellen, Unternehmenskultur, Karriere/Weiterbildung und Mission beleuchten Sie die wirklich interessierenden Faktoren. So schaffen Sie Mehrwert und Wettbewerbsvorsprung.

Ragen Sie durch gezielte Arbeitgeber-Positionierung aus der Masse heraus.

Jeden Tag wird die Welt neu verteilt. Das ist Ihre Chance und Ihr Risiko.

Positionierung = mehr Lebensqualität ∣ mehr Gewinn